Autorin: Antonia Baewert
Nicht nur im Magdeburger Dom, auch an vielen anderen Orten in der Stadt versammelten sich Magdeburger, um ihre Kritik zu äußern und über gesellschaftliche Veränderungen zu diskutieren. Kirchen, Cafés, Galerien und private Treffpunkte wurden zu Ausgangspunkten des demokratischen Aufbruchs, für den im Herbst 1989 schließlich Zehntausende auf die Straße gingen. Beim Anklicken der Symbole auf der Karte erfahren Sie mehr über Orte und Wege des Widerstands.
© Landeshauptstadt Magdeburg, Vermessungsamt und Baurecht, AZ 62-431-61-0048/19
Der Mitbegründer des Neuen Forums, Hans-Jochen Tschiche, rief am 2. Dezember 1989 im Namen der Bürgerinitiativen auf dem Domplatz zu politischen Warnstreiks in den Betrieben auf. Anschließend zog eine Demonstrationsgruppe im Protestmarsch zum Gebäude des Rates des Bezirks. Sie forderten, dass sich die SED aus den Betrieben zurückzieht. Der Marsch führte vom Domplatz über die Karl-Marx-Straße, Wilhelm-Pieck-Allee, Damaschkeplatz, Goethestraße und über die Gerhart-Hauptmann-Straße.
Nach dem wöchentlichen Montagsgebet vereinten sich 30.000 bis 40.000 Teilnehmer zur ersten Großdemonstration auf dem Innenstadtring. Sie hofften auf die Weiterführung des begonnenen Dialogs zu grundsätzlichen Problemen und forderten Lösungen. Die Demonstration verlief vom Domplatz über die Karl-Marx-Straße, Wilhelm-Pieck-Allee, Otto-von-Guericke-Straße und Danzstraße zurück zum Dom. © Giselher Quast
Demonstration am 4. November 1989
Bei der Großkundgebung der Kulturschaffenden mit bis zu 40.000 Teilnehmern auf dem Domplatz wurde der Oberbürgermeister Werner Herzig bei seiner Ansprache gnadenlos ausgepfiffen. Dem Oberbürgermeister wurde nahegelegt, dass er die Vertrauensfrage stellen solle. Am 8. November trat er schließlich zurück. Nach der Kundgebung zieht ein Demonstrationszug friedlich durch die Karl-Marx-Straße bis zum Haus der Lehrer. © Wenzel Oschington
Das Maxim-Gorki-Theater, auch als das „Große Haus“ bekannt, war zusammen mit den Kammerspielen Magdeburg ein Vier-Sparten-Haus. Im Programm standen Schauspiel-, Oper-, Musical- und Ballettaufführungen. Systemkritische Stücke nahmen während der 80er Jahre vermehrt zu und ab Herbst 1989 gehörte das Verlesen der Resolution zum festen Bestandteil des Abends. © Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst- und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg) / © Olga Kruse
Kabarettist Frank Hengstmann war einer der wenigen freiberuflichen Solokabarettisten in der DDR. Aufgrund seiner Kritik am System bekam er 1986 ein Auftrittsverbot im Bezirk Magdeburg. 1990 kehrte er nach Magdeburg zurück und begann wieder aufzutreten. Seit 2008 betreibt er gemeinsam mit seinen Söhnen im Nordabschnitt des Breiten Wegs sein eigenes Kabaretthaus "...nach Hengstmanns..." © Katharina Vorndran
Im Magdeburger Rathaus trafen sich von Dezember 1989 bis Mai 1990 engagierte Bürgerinnen und Bürger am Runden Tisch. Drängende Fragen der Magdeburger Gesellschaft und die Vorbereitung demokratischer Wahlen waren die große Herausforderungen dieser Umbruchszeit. Die Frage war: Wie geht es weiter nach der Revolution? © Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg)
Heute der Sitz der HypoVereinsbank, erinnert lediglich die Altbaufassade an das ehemalige Szene-Café im Herzen der Altstadt. Viele Intellektuelle trafen sich hier, um gemeinschaftlich Kaffee zu trinken, zu rauchen und zu diskutieren. © Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst- und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg) / © Olga Kruse
Dem gemeinsamen Aufruf oppositioneller Parteien und Bewegungen zu einer Demonstration auf dem Magdeburger Domplatz am 14. Januar 1990 folgten Zehntausende Menschen. Einer der Redner war Hans-Jochen Tschiche, Mitbegründer des Neuen Forums. © Wenzel Oschington
Innerhalb des Kulturbundes der DDR wurden in jeder Bezirksstadt sogenannte „Klubs der Intelligenz“ geschaffen. Zum einen sollte hier die Intelligenz einen Ort zum Austausch haben, zum anderen war es ein öffentliches Kulturhaus. Trotz der offiziellen Nähe zum Kulturbund waren weder der Vorstand noch die Besuchenden systemtreu und nahmen ab Mitte der 80er Jahre kein Blatt mehr vor den Mund. © Olga Kruse
Die Wohnzimmergalerie des Künstlerehepaars Bahß in der Hegelstraße 33 bot einen Freiraum für Künstler, Schriftsteller und kritische Stimmen. Hier fanden Lesungen, Ausstellungen und auch Partys statt. 1983 sind die Eheleute Bahß dann von der Staatssicherheit zur Ausreise gezwungen worden. © Katharina Vorndran
Wie auch heute noch war das monumentale Haus ein wichtiges Zentrum für Kultur- und Vergnügungsveranstaltungen in Magdeburg. Die Diskussionsfreude der Menschen machte vor dieser Einrichtung, trotz ihrer zahlreichen offiziellen und propagandistischen Veranstaltungen, nicht Halt, sondern wurde begrüßt und gelebt. © Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst- und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg) / © Andreas Lander
Die Kammerspiele Magdeburg wurden hauptsächlich als Theater für junge Zuschauer genutzt, während am Wochenende auch Schauspielaufführungen für Erwachsene stattfanden. 1989/1990 ereignete sich hier eine eigene Friedliche Revolution, durch die das Haus aus dem städtischen Kombinat Bühnen der Stadt Magdeburg abgespaltet und für 14 Jahre zu einem eigenen freien Theater, die Freien Kammerspiele, wurde. © Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst- und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg) / © Olga Kruse
der Staatssicherheit am 20. November 1989
Mehr als 30.000 Magdeburger zogen nach dem Montagsgebet in einem Schweigemarsch vom Domplatz über den Gouvernementsberg, Schleinufer und Dimitroff-Allee in die Walther-Rathenau-Straße vor die Kreisdienststelle der Staatssicherheit. Sie forderten die Offenlegung der Strukturen der Staatssicherheit und den Erhalt der Akten. Als Symbol des Heimleuchtens wurden Kerzen auf den Mauern um das Gebäude herum aufgestellt, oben schwang eine Laterne. Der Schweigemarsch wurde am Boleslaw-Bierut-Platz beendet. © Giselher Quast / © Wolfgang Zeyen/ PUNCTUM
Im Gegensatz zum Weißen Band, mit dem sich die Ausreisewilligen kennzeichneten, machten sich mit dem Grünen Band diejenigen erkennbar, die während der Friedlichen Revolution nicht ausreisen, sondern in der DDR eine politische Wende herbeiführen wollten. Magdeburger Handwerker hatten die ersten Grünen Bänder bei einem Montagsgebet im Dom verteilt, die sie im Centrum Warenhaus besorgt hatten. © Fredi Fröschki
1958 gegründet, begeistert das Puppentheater damals wie heute nicht nur das junge Publikum. Von großer Beliebtheit waren die in den Sommermonaten aufgeführten „Hofspektakel“ für Erwachsene, die systemkritische Themen beinhalteten. © Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst- und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg) / © Olga Kruse
In der Dompfarrei wohnte eine der Protagonistinnen der Friedlichen Revolution 1989, Dompredigerin Waltraut Zachhuber. Sie organisierte die Friedensgebete mit und war außerdem in der Friedensgruppe Frauen für den Frieden engagiert. Die Gruppe traf sich einmal im Monat bei einer der Mitglieder zu Hause und besprach politische Themen, feministische Theologie und plante Aktionen zu Projekten für den Frieden. © Katharina Vorndran
Magdeburg hatte zu DDR-Zeiten schon eine aktive Kabarettszene. Eine der bekanntesten Kabaretts sind die 1977 gegründeten "Kugelblitze". An der Ecke Breiter Weg/Leiterstraße entstand 1986 für das Berufskabarett der einzige Kabarettneubau der gesamten DDR. Nach der Wende wurde dieser abgerissen, heute spielen die "Kugelblitze" in der Magdeburger Feuerwache. © Katharina Vorndran
Im Frauenprojekthaus wurden zwischen 1993 und 2003 durch das Amt für Gleichstellungsfragen Frauentreffs und Aktionen organisiert. Die Vorsitzende des Amtes und damit erste Gleichstellungsbeauftragte in Magdeburg war Editha Beier. Sie war zu Zeiten der DDR aktives Mitglied der Gruppierung Frauen für den Frieden und hatte sich 89/90 für die Schaffung des Amtes eingesetzt. © Katharina Vorndran